Anschläge in Algerien

Anschläge in Algerien

Der Geheimdienst « war besorgt »

Stern, 11. April 2007

Nach den Autobomben-Anschlägen in Algerien ist die Zahl der Verletzten auf über 220 gestiegen. 24 Menschen starben. Ein US-Politiker berichtet, der algerische Geheimdienst sei schon am Wochenende wegen möglicher Attentate « besorgt » gewesen.

Vor den Anschlägen in Algerien hat der Geheimdienst des nordafrikanischen Landes möglicherweise Hinweise auf geplante Terrorakte gehabt. Die zuständigen Stellen seien besorgt gewesen, sagte der US-Kongressabgeordnete Mike Rogers, der sich am Wochenende mit Vertretern des algerischen Geheimdienstes getroffen hatte. Der republikanische Politiker gehört dem Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses an. « Wir wussten, dass sie etwas tun wollten », sagte Rogers. « Sie wollten ein großes Ereignis, sie sprachen über ihr großes Ereignis, und leider haben sie ihr großes Ereignis bekommen. »

Bei den schwersten Terroranschlägen in der algerischen Hauptstadt Algier seit Jahren sind nach offiziellen Angaben mindestens 24 Menschen getötet. Die Zahl der Verletzten wurde vom Zivilschutz in der Nacht zum Mittwoch mit 222 angegeben. Ein Selbstmordattentäter riss vor dem Regierungspalast in Algier elf Menschen mit in den Tod, darunter zwei Polizisten, eine schwangere Frau und zwei Kinder, berichtete der Minister für nationale Solidarität, Jamal Walad Abbas. Die aus der algerischen radikal-islamischen Terrorgruppe GSPC hervorgegangene « El Kaida des Islamischen Maghreb » bekannte sich zu diesem Anschlag wie auch zu dem zweiten Attentat auf ein Polizeikommissariat.

Im Zentrum Algiers hatte der Attentäter versucht, vor dem sechsstöckigen Palast, in dem das Innenministerium und das Büro von Ministerpräsident Abdelaziz Belkhadem untergebracht sind, eine Polizeisperre zu durchbrechen. Dabei zündete er die Autobombe. Bei einer fast zeitgleichen Explosion vor der Polizeistation von Bab Ezzouar im Osten der Stadt starben zwölf Menschen, 87 wurden zum Teil schwer verletzt.

Nach offiziell nicht bestätigten Berichten wurden in der algerischen Hauptstadt zwei weitere Bomben entdeckt. Augenzeugen berichteten, dass die Rechtsfakultät der Universität Ben Aknoun wegen eines Sprengstofffundes evakuiert worden sei. Zudem sei in dem Viertel Hydra, wo etliche Botschaften ihre Residenz haben und hohe algerische Funktionäre leben, am späten Nachmittag eine etwa 30 Kilogramm schwere Autobombe entschärft worden. Das Fahrzeug war nahe dem Sitz der Behörde für Nationale Sicherheit abgestellt, hieß es.

Erst im Januar hatte sich die « Salafistische Gruppe für Predigt und Kampf » (GSPC) in « Al Kaida des islamischen Maghreb » umbenannt und sich so Al Kaida angeschlossen. Die beiden Anschläge in Algerien ereigneten sich einen Tag nach der Razzia mit fünf Toten gegen islamische Extremisten im marokkanischen Casablanca.

Bilder der Attentäter verbreitet
Im Internet verbreiteten die Islamisten Bilder der Attentäter. « Wir werden nicht eher ruhen, bis jeder Zentimeter islamischen Landes von den fremden Mächten befreit ist », erklärte ein Anrufer, der sich im Namen der Terrorgruppe beim Sender Al Dschasira in Rabat meldete.

Ministerpräsident Abdelaziz Belkhadem sprach von einer « feigen und kriminellen Tat zu einer Zeit, da das algerische Volk die nationale Aussöhnung fordert ». Sie werde den Staat nicht von den am 17. Mai geplanten Parlamentswahlen abhalten.

Nach den Bombenanschlägen hat die Regierung vor Auswirkungen auf die Wirtschaft des Landes gewarnt. « Sie wollten in die Medien kommen », sagte Ministerpräsident Abdelaziz Belkhadem am Mittwochabend über die Täter. « Und es könnte die Wirtschaft treffen. » Die Angreifer wollten das Land « in die Jahre der Trauer » zurückreißen, sagte Belkhadem weiter. « Aber die Menschen wollen Frieden und Sicherheit. »

Bürgerkrieg seit 1992
Nach der Annullierung einer 1992 von Islamisten gewonnenen Parlamentswahl war Algerien in einen Bürgerkrieg gestürzt. Dabei kamen bis zu 200.000 Menschen ums Leben. Nach mehreren Amnestien für Untergrundkämpfer ebbte die Gewalt wieder ab, obwohl sie in der Bergregion um Algier niemals ganz endete.

DPA/Reuters/AP